
Wie lässt sich durch Building Information Modeling (BIM) mehr Nachhaltigkeit im Bauwesen erzielen? – Dieser Frage ging der BIM Cluster NRW e.V. in Kooperation mit der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen am 26. Oktober im „Wacom Experience Center Düsseldorf“ nach.
Das Themenpaar „Building Information Modeling“ und Nachhaltigkeit sei „von hoher Aktualität, ja Dringlichkeit“, erklärte der Präsident der Architektenkammer NRW, Ernst Uhing, in seiner Begrüßung. Mit Bezug auf die weltweiten Rekordtemperaturen und sich mehrende Extremwetterereignisse betonte er die Bedeutung einer „Bauwende“, wozu eine neue Wertschätzung des Gebäudebestandes zähle. Dazu werde die digitale gestützte Planung künftig erheblich beitragen können.
Die Vorsitzende des BIM-Cluster NRW, Prof. Beate Wiemann, mahnte, dass „ohne enge Zusammenarbeit in der gesamten Wertschöp-fungskette Bau keine Verkehrswende, keine Transformation von Industrie und Wirtschaft und auch keine Energiewende“ stattfinden könne. Das gemeinsame Arbeiten in einem digitalen Modell verpflichte alle Baubeteiligten zu einer engen Kooperation.
Auch die nordrhein-westfälische Landesregierung arbeitet daran, „BIM und nachhaltiges Bauen auf die Straße zu bekommen“. So formulierte es die Abteilungsleiterin für den Themenbereich „Bauen“ im Landesministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung, Diane Jägers. Die Landesregierung habe bereits eine Handlungsempfehlung für Kommunen zur BIM-Implementierung herausgegeben; ein zweiter Leitfaden solle in Kürze folgen.
Um Bewusstsein für nachhaltiges Bauen zu schaffen, setze das Land NRW auf die Vorbildrolle des Bau- und Liegenschaftsbetriebs Nordrhein-Westfalen. Der BLB NRW habe sich komittet, ab einem Bauvolumen von 15 Mio. Euro mit BIM zu planen. Zusätzlich wolle die Landesregierung ein Bewertungssystem für „Nachhaltiges Bauen“ implementieren, kündigte Diane Jägers an. Man respektiere jedoch die kommunale Selbstverwaltung und würde die Kommunen durch Überzeugungsarbeit zum Handeln motivivieren wollen.
Als zweite Referentin des Abends stellte Nora-Sophie Griefahn das „Cradle to Cradle“-Prinzip vor. Im Hinblick auf das immer gravierender werdende Müllproblem warb Griefahn für einen neuen Ansatz: „Definieren, statt verbieten!“. Statt die Verwendung gesundheitsgefährdender Materialien zu untersagen, solle man besser die Anforderungen an ein Material klarer definiert werden, um bedenkenlose Ressourcen einzusetzen. Das Prinzip „Cradle-to-Cradle“ verstand Nora-Sophie Griefahn, die geschäftsführende Vorständin der gleichnamigen NGO ist, als „Definieren von Nutzungsszenarien“ und „Schließen von Materialkreisläu-fen“. Um Roh- oder Werkstoffe systematisch einem Recycling zuzuführen, könnten Materialpässe helfen. Mithilfe des Building Information Modeling könne so beispielsweise im digitalen Zwilling nachverfolgt werden, wo ein bestimmtes Material eingesetzt wurde, und dieses bei einem Abriss gezielt wiederverwendet werden. Als Best-Practice-Beispiele nannte Griefahn unter anderem „The Cradle“ von HPP Architekten, das derzeit im Düsseldorfer Medienhafen entsteht, und das neue Venloer Rathaus (Kraaijvanger Architects). Nora-Sophie Griefahn betonte, dass insbesondere der öffentliche Bau einen großen Hebel und eine Vorbildfunktion darstellen würde.
Dass zu einem solchen Nutzen der BIM-Methodik eine umfassende digitale Bauwerksdokumentation notwendig sei, machte Professorin Anica Meins-Becker von der Bergischen Universität Wuppertal in ihrem Vortrag deutlich. Prof. Meins-Becker, die auch das BIM-Institut der BU Wuppertal leitet, arbeitete anschaulich die Bedeutung von digitalen Zwillingen heraus, wenn es darum geht, nachhaltiger zu planen und zu bauen. Das System müsse Informationen zu allen im Bau verwendeten Materialien abrufbar machen. Dazu stellte Anica Meins-Becker das Forschungsvorhaben „Experimentierlab DigiBaudok“ vor. Betrachtet werden soll hier unter anderem die Praktikabilität eines „digitalen Supply-Chain-Zwillings“, in dem bereits vor Bauwerkserstellung sämtliche Daten über ein Material gespeichert werden. Des Weiteren stelle Meins-Becker den möglichen Aufbau einer Datenstruktur vor und erläuterte, wie diese mithilfe von BIM in die Planung einbezogen werden kann.
In der abschließenden Diskussionsrunde mit dem Moderator des Abends, Christof Rose (AKNW-Abteilungsleiter „Kommunikation“) zeigten sich die Referentinnen einig, dass der Bausektor im Hinblick auf Nachhaltigkeitsziele auf neue Möglichkeiten wie „Cradle-to-Cradle“ setzen müsse. Das Building Information Modeling könne bei der Umsetzung ein wichtiges Instrument darstellen. Die Thesen und Aussagen der Vorträge konnten im abschließenden Austausch im Wacom Experience Center weiter vertieft und diskutiert werden.